Alte Filme mit neuer Technik


Restauration und Digitalisierung
 
Das Il Cinema Ritrovato lebt von der Präsentation aufbereiteter historischer Filme. Diese werden aber nicht nur projiziert, sondern es wird auch intensiv darüber berichtet und diskutiert, wie genau die Filme restauriert wurden und welche technischen Möglichkeiten in Zukunft zur Verfügung stehen werden. Neben Begegnungen mit den Fachleuten zwischen den Filmvorführungen findet man diese Infos vor allem im DAMSLAB, das ein Saal an der Cineteca ist.
 

 
Die Teilnehmer tauchten auch dieses Jahr in Hintergründe und Berichte über die Herausforderungen ein, die eine Restauration für 4k / Bluray mit sich bringt. Zu Gast waren Koryphäen auf dem Gebiet, wie zum Beispiel in der 2022 Ausgabe James White, Head of Technical and Restoration Service bei Arrow Films in London. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen, das sich auf die Restauration und Ausspielung von klassischen Filmen, Kultfilmen, B-Movies und Horrorfilmen auf digitale Medien spezialisiert. James White übernahm die Moderation einiger Panels zum Thema Restauration.
https://www.arrowfilms.com/
 
Weitere illustre Gäste waren beispielsweise:
Cassandra Moore, Director Content Mastering & Preservation at NBCUniversal Media, die über die Archivierungs- und Erhaltungsmaßnahmen des amerikanischen Fernsehnetzwerks berichtete.
 
Vincent Pirozzi, Vice President of Mastering bei Roundabout Entertainment, Burbank, USA, wo allgemein Postproduktionsdienstleistungen erbracht und insbesondere Farbkorrekturen und "finishings" geleistet werden.
James Mockoski von american zoetrope, einer Filmproduktionsgesellschaft, die von George Lucas und Francis Ford Coppola aufgebaut wurde und nicht nur Lucas´ Erstlingswerk THX1138, sondern auch die Paten Trilogie und Apocalypse Now zu verantworten hat.
 


Zusammen unterhielten sich diese Branchengrößen über aktuelle Themen, wie beispielsweise ästhetische Implikationen der hochauflösenden Abtastung von altem 35mm Material oder auch bis zu welchem Grad dieses Material beispielsweise nachgeschärft werden sollte. Möchte ein Zuschauer heutzutage denn die Maske bzw. das Make-Up eines fünfzig Jahre alten Klassikers entdecken? 
 
Spannend war insbesondere die Diskussion über HDR im klassischen Film, da diese Technik Details hervorheben kann, die in bisherigen Heimvideo-Releases aufgrund der technischen Limitationen der Farbraumdarstellbarkeit im Consumerbereich nicht sichtbar waren. Ein besonders prägnantes Beispiel dabei war eine gegenlichtige Aufnahme von einem Huey-Helikopter mit an den Kufen angebrachten Surfbrettern in Apocalypse Now, bei der bis heute die "Zeichnung" bzw. Detailgrad der Srufbretter unterging, jetzt aber deutlich zu erkennen ist. 
 

 
Während bei Apocalypse Now der Regisseur noch lebt und sein Einverständnis zu dieser Qualitätserhöhung respektive "Enhancement" geben kann, ist die Sache bei bereits verstorbenen Filmemachern deutlich komplizierter. In der Panel-Diskussion wurde intensiv darüber debattiert, bis zu welchem Grad eine Restauration eine ursprüngliche Vision und Intention des Urhebers verfälscht und wieweit sie ethisch und moralisch vertretbar ist. 
 


 
Auch in den Gesprächen in den Pausen zwischen den Vorführungen und Panels ergab sich die Chance, mit den Profis ins Gespräch zu kommen und Themen anzureißen und Fragen zu stellen, die im Panel zeitlich nicht mehr unterzubringen waren. Persönlich hat uns die Frage nach zukünftigen Restaurationstechniken unterstützt durch künstliche Intelligenz und Machine Learning interessiert - die Restaurator*innen sehen dem auch mit gemischten Gefühlen entgegen - Stichwort work replacement.
 
Insgesamt dürfte aber angesichts der technischen Entwicklungen noch spannende Projekte auf uns zukommen und vielleicht hilft die eine oder die andere Technik, das Interesse für historische bei jüngeren Generationen zu evozieren.
 
Fast alle Panels wurden vom Team des Festivals professionell aufgezeichnet und sind zum nachträglichen Ansehen verfügbar: